Bitte vorsichtig, Triggerwarnung..
Seit 50 Tagen herrscht der Krieg in der Ukraine. Ich weine jeden Tag, wenn ich die Nachrichten lese. Mein Herz blutet. Die Menschen werden getötet, Häuser werden verbrannt, Frauen vergewaltigt, Kinder verschleppt. Die Freunde, die Russisch gesprochen haben, sprechen kein Russisch mehr. Sogar in Russland werden Familien deswegen auseinander gegangen, jahrelange Freunde werden zu Menschen, die wir einst kannten. Das ist eine Tragödie. Wie konnte es soweit kommen…
Ich fühle auf einmal den ganzen Schmerz der Welt. Ich fühle mich schuldig für das, was gerade in Russland passiert ist, ich schäme mich für das, was da gerade abläuft, weil ich weiß, dass unsere Brüder und Schwestern uns das nie verzeihen werden. Ich wage es manchmal nicht, Russisch zu sprechen, ich kann es einfach nicht, das traditionelle Kleid anzuziehen, das ich aus Russland bestellt habe, ich habe Angst, einigen meinen Freunden in Russland „Hallo“ zu sagen, weil ich weiß, auf welcher Seite sie in diesem Krieg stehen.

Luebbensteine, Helmstedt, Niedersachsen
Ja, ich kenne nicht die ganze Wahrheit. Aber ich weiß, dass Töten schlecht ist. Dass der Hass ein gieriges Tier ist. Ich bitte die Götter, dass es bald aufhört. Denn wer braucht das? Kriegskinder, Waisen, die Alten, die dachten, sie hätten den Gräuel der vergangenen Kriege überlebt zu haben.
Ja, ich habe es gut hier. Doch mir tut meine alte Heimat so sehr Leid. Ich warte einfach auf das Ende des Krieges. Ich helfe/spende wo auch immer ich kann. Ich weigere mich darüber zu lachen und zu behaupten, dass man in Russland auch mit Sanktionen gut leben könne, ich weigere mich runterziehen zu lassen und die Ukrainischen Geflüchteten diskreditieren zu lassen, ich weigere mich darüber nachzudenken, dass es an der Grenzen Menschenhändler auf Frauen und Babys warten, ich will es einfach nicht wahrhaben, dass man die Broschüren machen muss, wo steht, wie man sich während der Geburt/Menstruation/nach der Vergewaltigung/in Gefangenschaft sich zu verhalten hat.
Und das in 21 Jahrhundert.. Chaos, Leid, Massengräber, kaputte Psyche, Informationskrieg, Zerstörung.
Ich habe vor ein paar Jahren ein Gedicht geschrieben:
Es wird ein Krieg geben
Ein Krieg der Welten eben
Wir müssen uns beeilen
Wir werden aussterben
Die Tiere und die Wälder
Die Meere und die Felder
Wir werden’s nicht erkennen
Es ist die Macht der Gelder
Uns wird man wieder teilen
Du wirst mich nicht mehr heilen
Soldaten kommen wieder
Wir müssen uns beeilen
Du wirst mich nicht mehr hören
Ich werde dich nicht stören
Was neues muss beginnen
Wir werden aufhören
Manchmal fühlt man das einfach.
In den ersten Tagen des Krieges hatte ich einen unglaublichen Drang zu singen. Auch auf Ukrainisch, obwohl ich die Sprache nicht beherrsche. Das fühlte sich an, als ob ich die Löcher in einer alten Decke flicken versuchte, und es riss trotzdem. Aber ein zerrissener Frieden ist besser als ein guter Krieg.
Пусть жизнь победит. Нехай життя перемагає. Слава!
